Erst mal die grosse Neuigkeit, am Donnerstag fliege ich mit Mohaka nach Lesotho, in ihre Heimat. Ein Land in Südafrika. Wir werden bis Montag dableiben. Vermutlich werde ich da kein Internet haben, so wird es keine Blogbeiträge geben in dieser Zeit. Mohaka erzählt so gerne von ihrer Heimat. Eines Tages möchte sie dahin zurückgehen und ein eigenes Waisenhaus eröffnen. Sie meint, im Gegensatz zu Südafrika, sei Lesotho richtig arm. Was uns da wohl erwarten wird?
Auf jeden Fall werde ich das erste Mal in meinem Leben in einem Shak schlafen, in ihrem Shak, erzählt sie nicht ohne Stolz. Wir werden da ihre Familie treffen und ihre Freunde, sie ist schon richtig aufgeregt, echt herzig wie sie sich freut. Erst wollten wir mit meinem Mietwagen fahren. Das sind ca. 11-12 Stunden reine Fahrzeit, und das mit meinem kleinen Mietwagen. Ich erkundigte mich dann mal nach einem Public-Transport, den es tatsächlich gibt. Preis 1000 ZAR (63 €) pro Person und pro Weg. So habe ich mal die Flughäfen in der näheren Umgebung inspiziert, nun fliegen wir günstiger als mit dem Public-Transport nach Bloumfontain SA. Da haben wir ein Auto gemietet, mit dem fahren wir dann weiter in ihre Heimat. Zu diesem Trip habe ich sie eingeladen. Ich freue mich sehr darauf, bin aber auch etwas ängstlich und skeptisch. Im Shak übernachten, keine Dusche/Toilette, nachts wirds ca. 5 Grad, herzlich Willkommen, neue Challenge 😅. Danach habe ich euch bestimmt viel zu erzählen.
Am vergangenen Donnerstag war ich mit den Mädels, wir haben weiter an den Boards gearbeitet. Ich habe ihnen erzählt, dass wir bereits 17 der Tafeln verkauft haben, könnt ihr euch vorstellen, wie sehr sie sich gefreut haben? 😍😍😍 Sie waren komplett ausser sich! Vom Erlös wissen sie noch nichts, es ist einfach nur die Freude, dass da draussen in der grossen Welt jemand ihre selbst gemachten Werke kaufen möchte.
Wegen der grossen Bestellung haben wir beschlossen, auch am Samstag zu arbeiten. Alle waren sie da gestern, es ist eine so grosse Freude zu sehen, wie sehr sie die Zeit mit mir schätzen und geniessen❤️❤️❤️. Wir haben es uns gut gehen lassen, haben Chips und Getränke gekauft und gingen die Arbeit voller Motivation an.
Zwischendurch hatten wir eine grosse Diskussionen bezüglich Freundschaft und Eifersucht. Die Hormone arbeiten auch hier, ja ja, Gruppendynamische Prozesse sind ebenfalls im Gang😅😅😅. Es ist spannend zu sehen, wie sie sich einbringen in Diskussionen. In aller Regel halte ich keine grossartigen Reden, ich arbeite mehr mit Fragen. So müssen sie aktiv dabeibleiben und Stellung beziehen. Das sind sie sich definitiv nicht gewohnt. Lieber sitzen und warten sie, als dass sie vor der ganzen Gruppe ihre Stimme erheben. Bei mir haben sie keine Wahl. Lange Rede, kurzer Sinn, das Endresultat unserer grossen Diskussion waren Tränen, viele Umarmungen, Vergebung und die Erkenntnis, dass wir unser Gegenüber nicht verändern können, nur uns selbst. Im Anschluss sind sie sehr vorsichtig, zurückhaltend und liebevoll miteinander umgegangen. Jeder trägt seine Probleme mit sich, ganz egal wo auf dem Erdball wir uns befinden. Und keiner sieht die Last, die wir mit uns tragen.
Nach meinem Nachmittagsprogramm mit den Mädels habe ich mich mit Crezelda und ihren 2 jüngeren Schwestern zum Abendessen getroffen. Ich habe sie letzte Woche einmal zufällig kurz bei Crezelda gesehen. Ihre Mutter kümmert sich anscheinend überhaupt nicht um ihre Kinder, sie hat ihr Familienhaus verkauft, um mit ihrem neuen Freund zusammen sein zu können, die Mädels wurden rausgeschmissen. Beide Mädels haben jetzt einen Freund und leben auch bei ihren Freunden. Die eine Schwester ist 16, die andere 19 Jahre alt. Crezelda macht sich grosse Sorgen um die beiden. Sie meinte, wenn sie sich nur wenigstens verhüten würden, denn wenn sie jetzt auch noch schwanger werden, dann weiss sie auch nicht mehr weiter. Hier in Hermanus können die Menschen aus dem Townhip kostenlose medizinische Versorgung in Anspruch nehmen. Frauen können sich die 3 Monatsspritze ebenfalls kostenlos verabreichen lassen. Sie müssten es nur machen. Offenbar zeigt sich dieser perspektivenlose Zukunftsblick auch in einer Art Gleichgültigkeit. Auf meine Frage, warum sie die Spritze nicht machen, kam die Antwort, ich weiss es auch nicht. Eine weitere Erklärung war, weisst du, ich habe keinen Schulabschluss, ergo werde ich keinen Job finden, also kann ich ja genausogut ein Kind bekommen. Auf meine Frage, ob sie denn ihrem Kind keine bessere Zukunft wünscht als ihre eigene, meint sie nur, ich habs ja auch überlebt, so ist unser Leben halt.
Letzte Woche habe ich die jungen Frauen motiviert, die 3 Monatsspritze machen zu lassen. Wenn sie mir die Ausweise mit der Bestätigung der Spritze zeigen, würde ich sie alle zusammen zum Abendessen einladen. Das war gestern. Beide sind sie gekommen mit ihren Ausweisen, Stolz wie Anton. Herrlich oder? Wir sind nun so verblieben, dass wenn sie nun regelmässig alle 3 Monate die Spritze wieder machen, werde ich Crezelda jeweils ein wenig Geld schicken, sodass sie zusammen essen gehen können. Begeistert schlugen sie ein.
Interessant finde ich hier, wenn ich mit Einheimischen essen gehe, sie werden ihren Teller nie fertigessen. Maximum die Hälfte, der Rest wird eingepackt und mit nach Hause genommen. Vermutlich kennen auch sie das Gefühl des Hungers.
Die Jüngere der Schwestern hat gestern dann plötzlich begonnen zu weinen. Ihre Schwestern wussten schon um was es ging, also erzählten sie mir, dass ihre jüngste Schwester von der Regierung monatlich 1000 ZAR (63 €) bekommt, da sie in Ausbildung ist. Offenbar hat ihre Mutter vergangene Woche eine neue Karte für das Konto ihrer Tochter beantragt, die Kleine ist ja erst 16, also darf sie das, und das ganze Geld abgehoben. Was für eine Mutter! Das Geld hätte sie gebraucht, um für sich und ihren Freund essen zu kaufen, gab sie Crezelda bekannt.
Andere Länder, andere Sitten. Je länger ich hier bin und je mehr ich kennen lerne, desto öfter frage ich mich, ob überhaupt eine Veränderung möglich ist. Ein positiver Einfluss ja, aber tatsächliche Veränderung? Kinder werden vergewaltigt, Menschen werden umgebracht, Eltern sterben, um die Kinder kümmert sich niemand. Die Schwarzen werden von den Weissen „genutzt“ mit ihrer Arbeitskraft, die Apartheit ist offiziell jedoch beendet. Jeden Dienstag ist hier bei uns in der weissen Gegend Müllabfuhr. Jeden Dienstag sehe ich dasselbe menschenunwürdige Bild. Die Schwarzen durchsuchen den Müll der Weissen. Suchen nach etwas zu essen, manche bringen einen Einkaufswagen mit, mit dem sie ihre Beute zurück ins Township bringen können. Das dürfte doch wirklich nicht so sein. Wir können auf den Mond fliegen und vieles mehr, aber wir schaffen es nicht, für alle Menschen ein würdiges Dasein zu ermöglichen?
Ja, das stimmt mich mehr als nachdenklich.
Heute habe ich Sorya in der Suppenküche geholfen, sie hat mich gefragt, ob ich Zeit hätte. Natürlich gehe ich ihr gerne helfen. Es hat es ein richtiges Sonntagsessen gegeben. Frittierte Chicken mit Kartoffel und Reis, Erbsensalat, Karotten, Tomaten, Käse und zur Nachspeise Fruchtsalat mit Joghurt. Sie meinte, heute ist Sonntag, die Kinder müssen den Unterschied zwischen Wochentagen und Sonntag kennen lernen, das sei ihr wichtig. Mit ihrer 10-jährigen Tochter zusammen habe ich geschnipselt, gelacht, gekostet und genossen. Wir waren ein tolles Team.
Das Bild der Essensausgabe ist täglich dasselbe, die Kids stehen in einer Schlange und warten brav, bis sie an der Reihe sind. Es wird gemeinsam gebetet, dann wird geschmaust. Ich freue mich sehr, dass die Kinder etwas zu essen bekommen. Wenn ich ihnen zuschaue, wie sie essen, sehe ich, dass sie hungrig sind. Da wird niemand sagen, das mag ich aber nicht, oder kann ich mehr/weniger davon haben. Sie essen und geniessen.
Im Anschluss haben Sorya und ich noch einmal versucht, PayPal zu aktivieren auf ihrem Handy, offensichtlich ist es aber tatsächlich zu alt. So werde ich ihr kommende Woche eines kaufen gehen. Nicht das teuerste, aber auch nicht das billigste, schliesslich sollte sie gute Fotos für ihre neue Facebookseite machen, damit sie im besten Fall zu neuen Spendern kommen kann.
Noch eine abschliessende Frage an euch. Kennt jemand Möglichkeiten, wie wir auf günstige Art und Weise Hilfsgüter wie Kleidung, Laptops, Handys, usw. nach Südafrika bringen könnten? Ich höre immer wieder, dass bei uns soviele Kleider rumliegen, oder eben technische Geräte, da kommt halt eben die Frage auf, wie bringen wir diese hierher? Also, falls jemand etwas weiss, der etwas weiss, dann lasst es mich bitte wissen. Herzlichst aus Südafrika und bis bald ❤️❤️❤️ Rita.
Liebe Rita,
ich werde Gisela Schwarz vom Verein „Fischernetz der Hoffnung“ morgen kontaktieren. Sie organisiert regelmäßig Hilfslieferungen nach Gambia.
Vielleicht kann Sie helfen wie man eine Lieferung organisiert.
Siehe auchhttps://www.gisela-schwarz.at/fischernetz
liebe Grüße,
martin